Interview Vistawell: Liliane Kehrli, Bernard Prébandier (VW) / Olivier Bur (OB)
VW: Olivier, wir kennen Dich seit vielen Jahren, Du bist immer aufgestellt und in Form. Deine Karriere als Geräteturner hat Dir Medaillen beschert.
OB: Ja, das ist richtig, ich habe mehrere Meistertitel geholt, Einzelmeister, SIE + ER, so ungefähr 15-20 Goldmedaillen, insgesamt sind es etwa 60 Schweizermeisterschafts Medaillen.
OB: Ich bin seit 2009 beim STV. Vorher war ich Abteilungsleiter Montage in meinem Beruf als Elektromechaniker. Da ich immer Mitglied des STV war und schon früher Jugendlager geleitet habe und als J+S Experte Geräteturnen funktionierte, habe ich dann, um meine Überzeiten zu kompensieren, in 3 Jahren ein Diplom als Bewegungspädagoge gemacht.
Dann wurde die Firma bei der ich engagiert war, übernommen und der Standort Orpund geschlossen. Wie viele andere musste ich auf Job-Suche gehen. Wie es der Zufall wollte, haben 2 meiner Bekannten einen Job ausgeschrieben gesehen, der wie sie fanden, gut zu mir passen würde. Da ich bereits auch ehrenamtlich für die Gymnaestrada tätig war, kam eins zum andern und ich fand meinen Platz.
OB: Die Abteilung Ausbildung ist verantwortlich für die die Aus-und Weiterbildungen des STV, für den Bereich Gesundheitssport aber auch für Themen wie Ethik oder Anti-Doping. Der Ausbildungschef vertritt alle Anliegen der Ausbildungen gegenüber der Verbandsleitung. Wir sind 8 Personen die in der Abteilung Ausbildung arbeiten. Es ist eine Dienstleistungsabteilung für den Bereich Breitensport und Spitzensport sowie das Sekretariat für die Kursadministration.
Jährlich führen wir zwischen 350-500 Kurse durch. Neu sind wir als STV verantwortlich im Bereich J+S für die Inhalte in den Turnsportarten. (Turnen, Korbball, Faustball, Geräteturnen, Kunstturnen, Rhythmische Gymnastik, Rhönrad, Gymnastik und Tanz).
OB: Es gibt 4 Ressorts in der Abteilung Ausbildung!
Das Ressort «Vereinsmanagement» unterstützt Turnvereine in organisatorischen und strategischen Fragen mit dem Ziel, dass die Vereine noch lange und erfolgreich bestehen.
Im Ressort «Gesundheit und Bewegung»: Das Ressort setzt ein neu erstelltes Konzept um und bietet im nichtwettkampforientierten Bereich 90 verschiedene Kurse an.
Das Ressort «Kinder- und Jugendsport» betreut die die Aus- und Weiterbildung von Leitern und Experten in den Bereichen Muki-Turnen, Kinderturnen und Jugend+Sport (J+S).
Das vierte Ressort ist verantwortlich für die Umsetzung von «esa Erwachsenensport» in den Turnsportarten. «Erwachsenensport Schweiz esa» ist ein auf den Breiten- und Freizeitsport ausgerichtetes Sportförderprogramm des Bundes.
OB: Früher gab es den Seniorensport (60+) für die Erwachsenen und Jugend + Sport für die Kinder und Jugendlichen als Sportförderprogramm des Bundesamt für Sport (BASPO) Es bestand somit eine Lücke zwischen den 20jährigen und den 60+. Der Bund hat dann beschlossen, dass eine lebenslange Sportförderung anzustreben ist.
Es wurde deshalb das Sportförderprogramm «esa» ins Leben gerufen. Seit 2009 besteht «esa» und im 2012 wurde es im Sportförderungsgesetzt verankert. Dabei geht es im «esa» nicht nur um den Sport für einzelne, sondern auch um den sozialen Kontakt.
VW: Du bist also eher zufrieden mit esa?
OB: Sportsysteme sind immer zu verbessern, die können immer weiter entwickelt werden. «esa» ist auf einem guten Stand, die Zusammenarbeit zwischen den Sportverbänden und dem BASPO ist sehr gut.
Sportförderungsprogramm vom Bund und Erwachsenensport Schweiz bietet das Know-How für die Lehrmittel und die Gefässe für die Leiteraus- und Weiterbildung. Das wird vom BASPO umgesetzt in Zusammenarbeit mit den Sportverbänden, die für die sportspezifischen methodisch-didaktischen Inhalte zuständig sind.
VW: Ist es für den STV obligatorisch, dass die Leiter «esa»-anerkannt sind?
OB: Nein, es ist nicht obligatorisch für den STV, aber sehr wünschenswert, dass man «esa»-Leiter ist. Es werden im STV nur Grundausbildungen angeboten in Muki-Turnen, Kinderturnen, Jugend- und Erwachsenensport (esa).
Andere Kursformate wie Spiraldynamik, Yoga, Faszientraininig oder Beckenbodentraining erfordern keine Grundausbildung und somit auch keine esa Anerkennung.
VW: Betreffend Zusammenschluss diverser Verbände – welche sind nun unter dem Dach STV?
OB: SATUS Schweiz und SVKT Frauensportverband sind seit 2017 rsp. seit 2018 Mitglieder- und Partnerverbände des STV. Es ist eine sehr gute Zusammenarbeit. Wir können gegenseitig voneinander profitieren und die Mitglieder der Partnerverbände sind für alle Ausbildungen und Wettkämpfe des STV zugelassen.
VW: Coop Mukihit / Winterfit / Hopp-la Fit / so viele verschiedene „Fits und Hits“ wie können unsere Leser daraus schlau werden?
OB: Das sind alles Bewegungsprojekte die wir den STV-Mitgliedern anbieten. Die Idee ist, dass die Leiter wie z.Bsp. im Coop Mukihit fixfertige Lektionen gratis erhalten, die sie in der Turnhalle umsetzen können. Im Coop Mukihit sind 6‘000 Kids dabei und im Winterfit nahmen bereits 12‘000 Teilnehmer aktiv teil! Im Winterfit gibt es mittlerweile vier verschiedene Angebote. Neben Training, Cross und Dance gibt es neu auch ein Winterfit Games.
VW: Welches sind die wichtigsten Anlässe?
OB: Im Bereich Weiterbildung ist es sicherlich «Gym’n’Move»! Dieser Anlass findet im Frühling in Aarau und im Herbst in Lausanne statt und zieht hunderte von Teilnehmern an. Er bietet jeweils die neuesten Trends aber auch alt bewährte Inhalte. Jeder Teilnehmer kann sich sein eigenes Programm aus zahlreichen Lektionen zusammenstellen.
2019 wird ein intensives und sehr spannendes Turnjahr. So finden dieses Jahr das Eidgenössische Turnfest ETF in Aarau statt sowie die Weltgymnaestrada in Dornbirn. Im November und Anfang 2020 stehen zwei weitere Highlights auf dem Programm: der Swiss Cup Zürich und die Gymotion, beide im Hallenstadion Zürich
VW: Olivier, wie siehst Du in Zukunft einen Verband wie der STV im Bewegungsumfeld der Schweiz?
OB: Sehr gut. Wir befinden uns in einem Mitgliederwachstum und sind insbesondere erfreut über den grossen Zuwachs im Kinder- und Jugendbereich. Die Mitgliederzahl beträgt knapp 380‘000 und unsere über 3000 Vereine in der ganzen Schweiz sind gut aufgestellt für die Zukunft.
VW: Olivier, was würdest Du verbessern im Sportsystem Schweiz?
OB: VIELES! (lacht) Erstens das Sportförderungssystem, es sollte nicht erst mit 5 Jahren angefangen werden, sondern viel früher. Zusammen mit den Eltern sollten Kinder bereits so früh wie möglich ihren natürlichen Bewegungsdrang ausleben können und die Freude am Sport entdecken. Es gäbe viele Ideen, aber die finanziellen Möglichkeiten sind begrenzt. Grundsätzlich ist unser Sportfördersystem in der Schweiz aber hervorragend und im weltweiten Vergleich einzigartig!
VW: Letzte Fragen: Deine 3 + und 3 -?
OB :
+ Bewegung / + Herausforderung, Challenge / + Sozialer Kontakt zu anderen Menschen
- Ich bin gestresst wenn ich zu spät dran bin / - Süssgetränke / - Personen die gegenüber allem negativ eingestellt sind.
Danke für dieses interessante Gespräch und weiterhin viel Erfolg in Deiner Funktion!