BP: Joël Broye, wir haben vor Kurzem in der Presse erfahren, dass sich Ihre Schule den rund fünfzig Schweizer Schulen mit dem Label "Swiss Olympic Partner School" angeschlossen hat. Können Sie uns erklären wie es zu dieser Zertifizierung gekommen ist?
JB: Es ist der Höhepunkt eines langen Prozesses. Die ersten Schritte dieses "Sport-Studium"-Ansatzes reichen 7 Jahren zurück. Zu dieser Zeit waren die Skifahrer (Giron jurassien) die ersten, die sich um ihre jungen Athleten sorgten. Um den ständig höheren Anforderungen gerecht zu werden suchten sie nach Lösungen das Training- sowie die Wettkampf-Aktivitäten zu vereinbaren und den Sportlern eine Zukunft zu sichern. Inzwischen haben sich andere Sportler dazugesellt wie Turner, Basketballspieler, Schwimmer, Fußballer, Hockeyspieler, Tennisspieler und Eiskunstläufer. Insgesamt sind es 8 Disziplinen.
BP: Wie verlief dies chronologisch?
JB: Vor sieben Jahren fing das Abenteuer an. Swiss Olympic beantragt eine «Einführungszeit» von 5 Jahren, um sich für eine Zertifizierung zu bewerben. 2016 und 2017 passten wir unser Konzept so an, dass es den zahlreichen Vorschriften entspricht. Die Zustimmung des Kantons und der zuständigen Behörden ist natürlich unabdingbar. Ganz zu schweigen vom ausgeprägten Willen der Schulleitung und der Lehrer. Nachdem dieser Prozess abgeschlossen war und wir die 25 Seiten der Zertifizierung erfüllt hatten, wurde die Schulleitung, die Lehrer sowie 3 Schüler einem Audit unterzogen. Unsere Zertifizierung ist zwei Jahre gültig. Nach einer neuen Auswertung kann diese für vier weitere Jahre verlängert werden.
BP: Wenn ich also richtig verstehe, kann jede Schule auf Verlangen von Sportverbänden Sportstudien eröffnen?
JB : Richtig.
BP: Welches sind die erforderlichen Voraussetzungen die zum Erfolg führen?
JB: Da braucht es viele verschiedene Elemente. Die erste ist eine hundertprozentige Unterstützung seitens der Direktion. Herr François Visinand, unser Rektor hat intensiv beim Projekt mitgearbeitet. Die Lehrer müssen ebenfalls voll hinter dem Projekt stehen. Ganz zu schweigen von den Behörden, die uns eine finanzielle Unterstützung sichern. Die Verbände und Sportvereine leisten den grössten Beitrag und müssen das «Unternehmen» steuern. Ziel ist es, die Schüler zum Erfolg zu begleiten, sei es in der Schule sowie im Sport. Die Schüler müssen Willen und Entschlossenheit zeigen. Selbstverständlich sind die Eltern unentbehrlich und der natürliche Motivator. Sie sehen, es braucht eine Menge Mitwirkender.
BP: Konkret, wie läuft das?
JB: Schüler nehmen sehr regelmäßig an Wettkämpfen teil, so dass sie eine Menge Unterrichtsstunden verpassen. Nachhilfestunden werden eingerichtet, um diese Abwesenheiten zu kompensieren. Es wird geschätzt, dass 8 Stunden Klassenabwesenheit durch 2 Stunden Nachhilfestunden in Kleingruppen kompensiert wird. Es ist offensichtlich, dass die Schüler sehr motiviert sein müssen. Im Falle der Abwesenheit für Meisterschaften im Ausland, beispielsweise für einen Zeitraum von zwei Wochen wurde die Unterstützung über das Internet erreicht. Auf Organisationsebene muss man viel jonglieren. Acht Sportdisziplinen mit unkoordinierten Trainingsplänen erfordern viel Flexibilität für Lehrer und Schüler.
BP: Joel Broye, ich verstehe, dass Leidenschaft dich antreibt und dass deine Entschlossenheit Berge versetzen kann. Du hast dieser "Mission" viele Jahren gewidmet, welches sind die markantesten Momente die dir einfallen?
JB: Um Berge versetzen zu können braucht es ein starkes Team. Jeder Teilnehmer muss ganz und gar vom Projekt überzeugt sein. Es ist wichtig zu erwähnen, dass die schulische Bildung Priorität hat. Schulversagen wäre der Grund für einen Ausschluss vom Projekt. Etwa 10% unserer 750 Schüler nehmen am Sportstudium teil. Bisher mussten wir niemanden aus dem Projekt ausschliessen. Sogar die Eltern bestätigen uns, dass es ihren Kindern gut geht. Sie sind trotz einer psychisch und physisch schweren Belastung ausgeglichener und "fühlen sich besser in ihrer Haut". Das ist meine Belohnung und nährt meine Motivation.
Für mich ist es wichtig, jungen Athleten die Möglichkeit zu geben, ihre sportliche Aktivität und das normale Streben nach ihrem Studium in der traditionellen Schule in Einklang zu bringen. Diese Schüler sind Motivatoren auf Klassenebene, aber auch Beispiele für andere Studierende, die sich bewusst sind, welche Anstrengungen es braucht und welcher Organisation es bedarf um gleichzeitig "2 Karrieren" zu führen, und das in einem Alter, wo Körper und Geist an einem Wendepunkt im Leben sind.
BP: «Swiss Olympic Partner School» zu sein ist bemerkenswert, was erwartest du dir davon?
JB: Es ist immer besser, wenn man in der Lokomotive sitzt anstatt Trittbrettfahrer zu sein. Die 50 zertifizierten Schulen kommunizieren und treffen sich regelmäßig um Erfahrungen auszutauschen. Diese Vernetzung bringt uns neue Sichtbarkeit. Das Gutachten von Swiss Olympic ist einzigartig. Wir profitieren ständig. Diese Zertifizierung belohnt Jahre harter Arbeit.
BP: Was würdest du Schulen raten, die an dieser Zertifizierung interessiert sind?
JB: Bevor sie sich bewerben, müssen sie über mehrere Jahre Erfahrungen sammeln. Wenn es auf dieser Ebene funktioniert, braucht es Ausdauer, die Fähigkeit, sich selbst und vor allem ein Team zu motivieren und zu vereinen.
BP: Danke für dieses Interview und herzlichen Glückwunsch an das gesamte Team des College du Mail in Neuenburg. Ich denke, diese Nachwuchsförderung wird dem Schweizer Sport einige Champions geben, und für alle anderen wird es ein außergewöhnliches Erlebnis sein, das ihnen während ihres ganzen Lebens nützlich sein wird.